Heute möchte ich ein paar meiner Gedanken zu der Buch-Duologie Six of Crows und Crooked Kingdom von Leigh Bardugo mit euch teilen.
Disclaimer: Ich versuche auf Spoiler zu verzichten und spezifische Szenen wage zu halten. Ich habe die Bücher in Englisch gelesen und benutze im Folgenden auch die Englischen Titel der Bücher.
Zusammenfassung:
Six of Crows:
Criminal prodigy Kaz Brekker is offered a chance at a deadly heist: break into the Ice Court – a military stronghold that has never been breached – and retrieve a hostage whose knowledge could change Grisha magic forever. To succeed would mean riches beyond his wildest dreams – but he can’t pull it off alone . . .
A convict with a thirst for revenge.
A sharpshooter who can’t walk away from a wager.
A runaway with a privileged past.
A spy known as the Wraith.
A Heartrender using her magic to survive the slums.
A thief with a gift for unlikely escapes.
Six dangerous outcasts. One impossible heist. Together they might just be unstoppable – if they don’t kill each other first.
512 Seiten (Englische Version)
Crooked Kingdom:
Kaz Brekker and his crew of deadly outcasts have just pulled off a heist so daring even they didn’t think they’d survive. But instead of divvying up a fat reward, they’re right back to fighting for their lives.
Double-crossed and badly weakened, the crew is low on resources, allies, and hope. As powerful forces from around the world descend on Ketterdam to root out the secrets of the dangerous drug known as jurda parem, old rivals and new enemies emerge to challenge Kaz’s cunning and test the team’s fragile loyalties.
A war will be waged on the city’s dark and twisting streets – a battle for revenge and redemption that will decide the fate of the Grisha world.
544 Seiten (Englische Version)
Ich habe den Witz schon bei Twitter gemacht, ich mache ihn hier nochmal: Entweder ich lese 400 Seiten am Tag oder 8 Monate gar nicht.
Im Falle der Six of Crows Duologie lief es so: Die ersten Kapitel von Six of Crows von Leigh Bardugo hatte ich vor meinem Urlaub angefangen zu gelesen. Als ich das Buch dann das zweite Mal, dann endlich im Urlaub, in die Hand genommen habe, habe ich den Rest an einem Tag durchgelesen. Den Nachfolger Crooked Kingdom habe ich direkt am nächsten Tag angefangen und ebenfalls innerhalb von 2 Tagen verschlungen. Es ist einfach ein schönes Gefühl, wenn ein Buch das mit mir macht, wenn es schafft mich so in seinen Bann zu ziehen. Das habe ich mittlerweile nicht mehr oft, da ich zugegebenermaßen immer anspruchsvoller werde und oft nicht so richtig in die Geschichte einsteige, wenn das Buch mich nicht packt. Ich breche selten Bücher ab, da die Neugier dann doch meistens siegt, aber ich brauche länger, weil ich dann am Handy rumspiele, es zwischendurch weglege etc.
Bei der Duologie von Leigh Bardugo war das nicht der Fall und ich war so konzentriert und vertieft, dass ich auch Essen und Trinken vergessen habe. Deswegen kann ich auch direkt vorwegnehmen: Empfehle ich die Buchserie? Absolut!
Aufmerksam geworden bin ich auf das Grishaverse durch die Netflix-Serie Shadow & Bone, welche die Hauptfiguren der Buchreihe nutzt. Allerdings spielt die Serie vor den Büchern.
Young Adult ohne schmerzhafte YA-Tropes
Die Bücher sind zwar als YA (Young Adult) deklariert, lesen sich meiner Meinung nach aber recht ‘erwachsen’ und zum Glück wird auf viele YA-Tropes verzichtet. Die sechs Hauptfiguren, Kaz, Inej, Jesper, Nina, Matthias und Wylan, sind alle unterschiedlich und überraschenderweise mochte ich jede einzelne von ihnen. Keine ist blasser als die andere und gerade die Dynamik in der Gruppe macht viel Spaß. Mir ist extrem positiv aufgefallen, dass die beiden weiblichen Hauptfiguren zwar badass sind, aber auf ganz natürliche Weise. Keine überspitzte Darstellung von super toughen Frauen, sondern sehr sehr viel Menschlichkeit. Badass sind sie, in den Entscheidungen, die sie treffen und in ihren Fähigkeiten. Aber es sind ihre Zweifel, ihre Fehlbarkeit und ihre Authentizität die das Ganze erdet.
Bei den Männern ist es genauso, auf Machogehabe und abusive Tropes, wie man sie oft in YA findet, wird komplett verzichtet. Besonders schön fand ich eine Szene, in der über Inej gesprochen wird “She belongs to me” und statt eigenem Besitzanspruch sagt Kaz dazu “She doesn’t belong to anyone.” (in etwa). Kleiner Spoiler: Das findet sich auch am Ende des letzten Buches wieder, als er ihre Freiheit und alle Möglichkeiten frei zu sein schenkt, statt sie (emotional oder vertraglich) an sich zu binden. Frauen werden hier nicht durch ihre Love Interests bevormundet, sondern haben im Gegenteil einen sehr starken Effekt auf ihre männlichen Gegenparts.
Six of Crows besticht mit einer lebendigen, interessanten Welt voller Magie, Korruption und Abenteuer. Im Vergleich zu der Shadow&Bone Trilogie kommt Six of Crows eher bodenständig daher, die Magie und Machenschaften der Grisha steht weniger im Vordergrund als die korrupte Hafenstadt Ketterdam, voller Verbrechen, verwinkelter Gassen und Geheimnisse. Bardugos Schreibstil erwecket sowohl Stadt als auch Figuren glaubwürdig zum Leben. Die Geschichte ist spannend und die Dialoge abwechslungsreich; mal humoristisch leicht, mal zynisch und schwer. Viel Gesagtes grenzt an Theatralik, kein Teeanger redet so: Das muss man zugegebenermaßen mögen. Mir persönlich gefällt das allerdings gut, ich liebe große Zitate, die im Kopf bleiben und die Persönlichkeit der Figuren unterstreicht.
Die Tatsache, dass es sich um Teenager handelt kann man bei den Büchern schnell mal vergessen, denn die Story geizt nicht mit Gewalt, Konsequenzen aber auch sehr reflektiertem, cleveren Denken. Trotzdem mochte ich, dass auch bei der Darstellung von tragischen Erlebnissen wie Zwangsprostitution auf Trauma-Porn verzichtet wird. Man merkt als Leser*in wie gravierend die Situation ist oder war, ohne dass die Autorin sich an dem Leid ihrer Figuren ergötzt und das Leid junger Frauen zum Spaß der Leser*innen ausbeutet – diese schmale Gratwanderung hat mir sehr gut gefallen. Genauso wie die romantische Entwicklung zwischen einzelnen Figuren und die Tatsache, dass sich traumatisierte Teenager nicht direkt die Kleider vom Leib reißen, sondern sich sehr sehr langsam annähern. Ich habe wirklich mitgefühlt – diese vorsichtigen, zerbrechlichen Gefühle und all die sanften Gestern zwischen abgehärteten Kriminellen war ein weiteres schönes Element von Menschlichkeit.
Außerdem muss ich kurz fangirlen: Kaz Brekker ist wirklich ein fantastischer Protagonist, dem glaube ich jede*r verfällt, der die Duologie liest. Diese Art von zynischem Genie, dem sein grausamer Ruf voraus eilt, ist aber eben auch genau mein Ding.
Da die Erzähler-Perspektive mit jedem Kapitel wechselt, findet sich trotzdem eine schöne Balance, die ‘zu edgy’ vermeiden kann. Denn Kaz wird eben auch von Leuten beschrieben, die Gefühle für ihn haben, ihn einfach total komisch finden oder regelmäßig die Augen seinetwegen verdrehen. Besonders die wechselnden Erzähler haben mir unglaublich gut gefallen, da man so alle Figuren und ihre Gedankengänge kennenlernt, aber auch, weil so sehr clever Spannung erzeugt wird, da nicht jeder Cliffhanger im nächsten Kapitel aufgelöst wird und nicht jede*r die Handlungen der Anderen nachvollziehen kann. Man fiebert mit und fragt sich, wie sich das Problem voll auflösen wird – denn Kaz denkt immer mindestens 10 Schritte voraus.
‘Greed is your god, Kaz.’
He almost laughed at that. ‘No, Inej. Greed bows to me. It is my servant and my lever.’
Teenager in einer korrupten Welt
Kleiner, aber nicht irrelevanter Exkurs: Ich habe mir anschließend auch noch die restlichen Bücher von Leigh Bardugo aus dem Grishaverse geholt und lese als Nächstes die Shadow & Bone Trilogie, mit der die Saga eigentlich beginnt. Den ersten Band, Shadow & Bone, habe ich bereits beendet und das Buch passt meiner Meinung nach mehr ins YA-Genre. Unscheinbare Protagonistin bekommt Macht, düsterer aber super gut aussehender Antagonist als fragwürdige Love Interest…
Alina Starkov, die eigentlich genauso alt ist wie die Krähen in Six of Crows, wirkt in ihrem Denken und Handeln auch viel jünger und naiver.
Das ist vielleicht auch mein einziger Kritikpunkt an den beiden Crows-Büchern: Meiner Meinung nach hätten die Figuren auch Anfang 20 sein können. Ich verstehe, dass das junge Alter der Protagonist*innen nochmal verdeutlicht, wie korrupt und verdorben die Welt ist, in der sie leben… aber glaubwürdiger wären in manchen Szenen etwas ältere Figuren gewesen. Besonders wenn es darum geht, Geschäfte und Verträge mit wesentlich älteren Erwachsenen auszuhandeln, empfand ich es als etwas unrealistisch, dass keiner der Erwachsenen, mit wesentlich mehr Lebenserfahrung, die Kompetenz von Teenagern anzweifelt.
Dass alte Menschen von jungen Menschen ausgetrickst werden, hat sicherlich eine gewollte Ironie. Allerdings scheinen die Figuren alle Vorteile eines erfahrenen, cleveren Erwachsenen zu haben, ohne so richtig unter den Nachteilen des Teenager-Daseins zu ‘leiden’. Nina zum Beispiels verführt regelmäßig erwachsene Generäle und Geschäftsmänner und schlüpft in Rollen, für die sie eigentlich viel zu jung ist. Die Tatsache, dass Niemand auf ihr Alter eingeht oder ihre Tarnung auffliegt, mag ein gesellschaftlicher Kommentar über Verdorbenheit und Moral sein, kann teilweise aber auch als unglaubwürdig gelesen werden.
Fazit
Ansonsten kann ich die Duologie aber unbedingt empfehlen, an alle die düstere junge Fantasy, eine sehr liebevolle, detailreiche Welt, Steampunk, Heists und Geschichten über Diebe und Assassinen mögen.
In diesem Sinne: No mourners – no funerals.
Six of Crows Collector’s Edition und Crooked Kingdom Collector’s Edition bei Amazon (Partnerlinks).