Im Interview: Jessica, Head Coach bei PENTA

Jessica Boden, eSports Coach und Analyst

Wir freuen uns, euch diesmal Jessica Bolden, Head Coach und Analyst bei PENTA, im Interview näher vorstellen zu dürfen. Jessica ist 25 Jahre alt und wurde in Australien geboren, ist in ihrer Rolle als Head Coach für Rainbow Six Siege bei PENTA nun jedoch nach Berlin gezogen. Im Interview verrät sie uns ihren interessanten Weg, wie sie von der Kriminologie zum Esport kam und welche Hürden sie als Coach und Streamerin im Alltag bewältigen muss und worin ihre Aufgaben als Coach und Analystin liegen. Wir haben das Interview auf Englisch geführt und es für Red Riding Rogue dann ins Deutsche übersetzt.

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– Zuerst stell dich doch mal unseren Lesern vor! Wer bist du und was machst du?
Mein Name ist Jessica Bolden und ich bin Head Coach sowie Analystin für das professionelle Rainbow Six Siege Team bei PENTA. Ursprünglich bin ich aus Australien, lebe jetzt aber in Berlin, wo mein Fokus auf Analyse der Statistiken meines Team und der gegnerischen Teams, sowie mentales Coaching, Motivation und Psychologie der Spieler und Administration des Managements liegt.  Außerdem bin ich auch Content Creator auf Twitch und Youtube, so dass ich rund um das Thema Esport doch immer sehr beschäftigt bin.

– Wie bist du mit Spielen in Berührung gekommen und welche Spieletitel haben dich am meisten inspiriert oder beeinflusst?
Schon von Kindheit an habe ich viele Videospiele auf verschiedenen PlayStation-Konsolen gespielt und ich mochte die ständige Herausforderung der Hand-Augen-Koordination beim Spielen. Ich war schon immer eher ein logisch denkender Mensch und das Spielen war genau die richtige Herausforderung für mich. Besonders nach Schultagen war es einfach eine schöne Art wieder etwas runterzukommen.
Bevor ich mich Rainbow Six gewidmet habe, war ich eine sehr aktive Call of Duty Spielerin , aber auch andere Spiele wie Skyrim hatten es mir angetan. Was mich letztlich inspiriert hat Spiele auch kompetitiv  anzugehen,, waren besonders das Teamwork und die Strategie, die hinter team-basierten Spielen stecken

– Was für Spiele spielst du privat, um nach einem langen Arbeitstag zu entspannen? Oder spielst du privat kaum noch, jetzt wo Videospiele auch dein Job sind?
Rainbow Six Siege (R6S) ist einfach zu meinem Vollzeitjob geworden. Ob ich es nun analysiere, streame oder meinen Spielern zusehe – darin gehe ich voll und ganz auf. Daher spiele ich andere Spiele eher selten, auch wenn ich das gerne würde. Ich würde sagen, in der Woche verbringe ich über 40 Stunden damit, R6S entweder zu spielen oder bei Matches zuzusehen.

– Wieso hast du dich dazu entschieden eine Karriere im Esport zu verfolgen und wie hat sich das alles entwickelt? Wie bist du dahin gekommen, wo du heute bist?
Bevor ich nach Europa gezogen bin, um der Esport-Karriere nachzugehen, habe ich an einer  Universität in Melbourne Kriminologie und Recht unterrichtet. Ich bin ausgebildete Kriminologin und das hinter mir zu lassen und mich dem Esport zuzuwenden war eine sehr große Entscheidung!
Ich habe sehr viele Nächte damit verbracht, R6S auf halb-professionellem Niveau zu spielen, aber konnte mich dem einfach nicht genug widmen, um wirklich richtig professionell zu werden, also wurde ich Ersatzspielerin n in meinem Team  bevor ich zu PENTA gekommen bin.
Nachdem PENTA mich dann als Analystin eingestellt haben, wurde meine Rolle in der Analyse und dem Coaching immer größer.

 

 

– Hattest du jemals das Gefühl, dass du es schwerer hast als deine männlichen Kollegen? Musstest du deine Fähigkeiten jemals unter Beweis stellen, nur weil du eine Frau bist?
Ja und nein. Ich denke mein Team erwartet von mir, was es  von jedem Coach erwarten würde. Allerdings denke ich, dass die Community als Ganzes meine Arbeit und die Leistung des Team unter meiner Leitung extrem kritisch sieht, genau wie andere Coaches und Teams in der professionellen Liga. Das motiviert mich jedoch nur noch professioneller und ernsthafter an meine Arbeit heranzugehen und ich denke, dass die Kritik, die ich anfangs bekommen habe dadurch bereits stark nachgelassen hat.

– Hast du jemals Sexismus in der Gaming-Branche oder deinem nahen Umfeld erleben müssen? Wenn ja, wie gehst du damit um?
Ich muss oft mit sexistischen Bemerkungen umgehen, besonders wenn ich spiele oder streame. Das betrifft jedoch alle Frauen in der Rainbow Six Szene. Wir müssen uns eigentlich konstant irgendwelche Bemerkungen über unser Geschlecht anhören, aber das ist etwas, was ich ignoriere oder, wann immer möglich, stark verurteile. Und ich habe eine tolle, liebevolle Community, die solches Verhalten ebenfalls verurteilt.

– Was hältst du von Geschichten wie der von Team Siren oder „Ellie“ – glaubst du, dass solche Aktionen den Ruf von Frauen in der Esport-Szene schädigen oder sorgt es für einen interessanten Diskurs, der Frauen in der Branche mehr Aufmerksamkeit verschafft?
Jegliche Art von negativem Diskurs über Frauen in der Szene enttäuscht mich. Es sollte viel mehr positive Gespräche über die Frauen geben, die an Esport teilhaben. Geschlecht ist nichts, was dich in dieser Branche einschränkt. Ich denke, man kann Frauen in der Branche auf dieselbe Art Aufmerksamkeit zukommen lassen wie Männern: Als Teil eines Normalisierungsprozesses.

– Welches sind deine liebsten Esport-Ladies? Hast du einen guten Rat für junge Frauen, die in Esport einsteigen wollen?
Einige meiner liebsten Frauen im Esport sind die Mitglieder des weiblichen CSGO-Teams Dignitas. Ich beobachte nun schon eine Weile, wie sie sich in diesem Spiel austoben und ich liebe das positive Image, das sie für komplett weibliche Teams prägen! Andere wichtige Personen in der Branche sind Streamerinnen wie Pans und Sjokz. Ich könnte viele Ratschläge für Frauen im Esport geben, abhängig davon in welchen Bereich man einsteigen will. Aber was ich definitiv sagen kann, ist, dass man in die Branche nicht ohne harte Arbeit reinkommt. Wenn du eine professioneller Spielerin, Streamerin oder Person im Esport werden willst, dann musst du dir die Zeit dafür nehmen und die Sache ernst nehmen. Networking ist wichtig, arbeite hart und ignoriere den Hass, der dir entgegen geworfen wird, statt ihm eine Plattform zu bieten. Das wird dich weit bringen.

– Zu guter letzt, bitte erzähl uns von deinem liebsten Spiele-Moment, sei es direkt aus einem Spiel, aus deiner Arbeitswelt oder erzähle uns, wie Spiele dich persönlich beeinflusst haben!
Mein liebster Spiele-Moment war die allererste LAN-Party, die ich mit meinem Team besucht habe, in Jonkoping, Schweden. Es war die Dreamhack Winter und wir mussten das Team SSG schlagen, um unser Ticket für die Six Invitational, die Weltmeisterschaft, zu bekommen.
Ich habe meinen Spielern gesagt, dass ich mich um die Map-Bans kümmern werde, als SSG plötzlich eine Map aussortierten, von der ich dachte, dass sie sie unbedingt spielen wollen, was mich total aus dem Konzept gebracht hat. Mein Team wollte eine bestimmte Map auf keinen Fall spielen, aber ich wusste, dass sie auf der Map besser sind als das gegnerische Team, also habe ich mich durchgesetzt. Es war ein gigantisches Risiko, aber aus meiner Sicht war es kalkulierbar.
Schlussendlich haben wir es geschafft auf der Map zu gewinnen und haben damit unser Ticket zur Weltmeisterschaft bekommen! Dieses Gefühl werde ich nie vergessen.

 

Danke an Jessica für das Interview und die Zeit, die sie sich genommen hat!

Ihr findet Jessica auch auf Twitter, Instagram und Twitch.

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